Tollerinfo

Einleitung

Auf der Suche nach einem neuen Familienmitglied stößt man mitunter auf den Nova Scotia Duck Tolling Retriever (des Öfteren auch „Toller“ genannt), den kleinsten der sechs Retriever Rassen. Aufgrund der kleineren Größe könnte man denken, es sei eine „Zwergausführung“ des weithin bekannten Golden Retrievers. Weit gefehlt! Der Toller ist ein ausgesprochen aktiver Zeitgenosse und stellt hohe Anforderungen an seinen Besitzer in puncto Ausbildung und Beschäftigung.

 

Aussehen

Der Nova Scotia Duck Tolling Retriever (Toller) ist der kleinste aller sechs Retrieverrassen. Er ist ca. 45-48 cm (Hündinnen) bzw. 48-51cm (Rüden). Sein Körperbau ist kraftvoll, kompakt und harmonisch, die Knochensubstanz mittel bis kräftig. Seine Bewegungen sind geprägt durch seine Flinkheit, Wachsamkeit und Entschlossenheit. Sein Ausdruck bei der Arbeit ist aufmerksam und zeigt seine Konzentration und Erregung. Der Toller hat ein pflegeleichtes, wasserabweisendes, mittellanges Fell mit dichter, weicher Unterwolle von orange bis roter Farbe. Gewöhnlich sind eine oder mehrere weiße Markierungen an Pfoten, Brust, Blesse und Rutenspitze vorhanden. Die Pigmentierung an Nase, Lefzen und Augenrändern kann fleischfarben, Ton in Ton mit der Fellfarbe oder schwarz sein.

 

Charakter

Der Nova Scotia Duck Tolling Retriever ist ein intelligenter, temperamentvoller, aktiver und wachsamer Retriever, ohne nervös zu sein, der unbedingt engen Kontakt zu seinem „Menschenrudel“ braucht.  Er ist freundlich und sicher im Umgang mit Menschen, auch mit Kindern und anderen Hunden, mit einem Gefühl für den Zeitpunkt, wann sein Temperament gefragt ist. Voraussetzung dafür ist eine liebevolle, aber sehr konsequente Erziehung ohne Härte und viel Zeit, um dem Toller die nötige Abwechslung in der Ausbildung zu bieten. Er apportiert für’s Leben gerne. Seine große Liebe ist das Wasser. Hat seine Familie den richtigen „Draht“ zu ihm gefunden, lernt er sehr schnell, was von ihm erwartet wird. Auch bei sehr konsequenter Führung testet er allerdings immer wieder seine Grenzen auf’s Neue. Dies und sein ausgeprägter Spieltrieb sowie seine Flinkheit bleiben ihm bis ins hohe Alter erhalten.

 

Geschichte

Der genaue Ursprung dieser Rasse konnte bisher nicht mit voller Sicherheit rekonstruiert werden. Eine Theorie beschreibt, dass der Nova Scotia Duck Tolling Retriever in Kanada gezüchtet wurde, um eine Fuchsart zu imitieren, die durch Spiel am Ufer die Enten heranlockt. Die Jäger wollten sich diese Jagdart zunutze machen und züchteten einen Hund mit hohem Spieltrieb, dem Aussehen dieser Füchse sowie den Anlagen zum Apportieren. Außerdem musste er robust genug für die Arbeit im kalten Wasser sein. Andere Theorien gehen davon aus, dass sich der Toller parallel zum Kooikerhondje entwickelt hat. Die ersten Toller wurden um 1900 herum unter dem Namen Little River Duck Dog bekannt. Der Nova Scotia Duck Tolling Retriever ist seit 1945 als eigenständige Rasse anerkannt und wird seit etwa 1997 auch in Deutschland gezüchtet.

 

Der Toller als Jagdhund

Der Nova Scotia Duck Tolling Retriever ist ein vielseitig einsetzbarer, wasserfreudiger Jagdhelfer mit hohem Arbeitstempo.  Zur üblichen Retrieverarbeit nach dem Schuss verfügt er über die Fähigkeiten zum Tolling (siehe Wortweiser). Seine Hauptpassion ist die Wasserarbeit, d.h. das Apportieren von Enten, Gänsen etc. aus dem Wasser oder Schilf. Hierbei legt er eine große Ausdauer an den Tag. Seine kleinere Körpergröße im Vergleich zu den anderen Retrievern ist dabei kaum ein Hindernis. An Land ist er durch seinen ausgesprochenen Findewillen ebenso ein zuverlässiger Partner bei Niederwildjagden und der Nachsuche auf Schalenwild. Ein Jagdhund, der blitzschnell vom Spiel im Familienleben zur ernsten Jagdarbeit umstellen kann.

 

Ausbildung

Die Ausbildung des Nova Scotia Duck Tolling Retrievers erfordert sehr viel liebevolle Konsequenz ohne Härte, viel Fantasie und die Fähigkeit, sich selbst im Umgang mit seinem Hund zu beobachten. Er benötigt viel Abwechslung bei den Lektionen. Seine Intelligenz und unermüdliche Neugierde fordern von seinem Ausbilder sehr viel Fingerspitzengefühl, sein hohes Tempo eine ausgesprochen schnelle Reaktion auf unerwünschte Verhaltensweisen. Kleinste Inkonsequenzen in der Führung und Ausbildung nutzt er gerne für sich und seine Ziele aus. Rein aus Neugierde versucht er stets so weit zu gehen, wie man es zulässt, auch wenn dies nicht gerade der leichteste oder angenehmste Weg für ihn ist. Akzeptiert er seinen Führer, lernt er gerne und schnell, tut er dies nicht, kann er ausgesprochen stur werden. Mit reinen Begleithundeaufgaben ist er im Normalfall nicht ganz ausgelastet, Zusatzaufgaben in Form von Apportiertraining, Rettungshundearbeit, Agility, Hundesport oder Ähnlichem sind auf jeden Fall empfehlenswert.

 

Alternative Ausbildung

Alle Hundesportarten, bei denen er seine Wendigkeit und Spritzigkeit ausleben kann und, die zudem auch seine Intelligenz fordern, wie z.B. Agility oder Flyball nimmt er gerne an. Auch als Rettungshund findet er durch seine Neugierde und das bedingungslose Vertrauen, das er zu seiner Leitperson aufbauen kann, mittlerweile Anerkennung. Seine Lieblingsbeschäftigung bleibt allerdings das Apportieren. Die Dummyarbeit ist dafür ein ausgezeichnetes Betätigungsfeld. Dem Besitzer sind bei der Aufgabenstellung kaum Grenzen gesetzt. Wird dem Toller keine seinem Temperament entsprechende Beschäftigung angeboten, ist er intelligent genug, sich selbst ein Betätigungsfeld zu suchen, das sich nicht immer mit den Interessen seines Besitzers vereinbaren lässt.

 

Anforderungen an den Tollerbesitzer

Der Nova Scotia Duck Tolling Retriever ist ein aktiver Hund für aktive Besitzer, die eine Herausforderung lieben. Er macht alles mit und ist am liebsten überall dabei. Er braucht engen Familienanschluss. Wenn man sich einen Toller anschaffen möchte, sollte man bereit sein, viel Zeit und Phantasie in der Ausbildung aufzuwenden. So wird er zum angenehmen Begleiter, der sich gut benehmen kann. Er liebt unangeleinte ausgedehnte Spaziergänge in der freien Natur gepaart mit Aufgaben, bei denen er seine ganze Intelligenz einsetzen darf.

 

Andere Tiere

Grundsätzlich ist der Nova Scotia Duck Tolling Retriever anderen Hunden gegenüber freundlich gestimmt. Er lernt sehr schnell seinen Platz in einem bestehenden Rudel einzunehmen und sucht von sich aus keinen Streit. Voraussetzung dafür ist eine gute Sozialisierung und gute Erfahrungen bei der „ersten Begegnung“, die stets gefühlvoll vorbereitet werden sollte. Das Gleiche gilt für den Umgang mit anderen Haustieren.

 

Gesundheit

Die Lebenserwartung eines Nova Scotia Duck Tolling Retrievers beträgt 10-13 Jahre, manchmal auch mehr. Er ist robust, neigt nicht zum Kränkeln und kommt durch sein doppeltes Haarkleid auch mit niedrigen Wassertemperaturen sehr gut zurecht. Die häufiger vorkommende Augenerkrankung PRA kann mittlerweile durch Gen-Marker Tests bestimmt und somit in der Zucht berücksichtigt werden. Durch eine verantwortungsvolle Selektion der Zuchttiere ist die Rasse auch durch Gelenkerkrankungen nicht übermäßig belastet. Hin- und wieder kommen Autoimmunstörungen (z.B. SRMA) in den ersten 2 Jahren vor, deren genauer Erbgang jedoch noch nicht exakt aufgeklärt werden konnte.

 

Der Toller im Deutschen Retriever Club (DRC)

Der Deutsche Retriever Club (DRC) ist der in Deutschland einzige vom VDH und FCI anerkannte Zuchtverein für den Toller. Der DRC legt größten Wert auf die Zucht von gesunden, wesensfesten, rassetypischen Jagdhunden. Deshalb muss ein Nova Scotia Duck Tolling Retriever mehrere Tests und Prüfungen nachweisen, bevor er zur Zucht zugelassen wird. Dazu gehören Hüft- Ellbogen- und Augenuntersuchungen, ein Wesenstest, eine Begleithunde- und eine Jagd- oder Dummyprüfung im Anfängerniveau und abschließend eine Formwertbeurteilung durch einen VDH-Richter. Durch diese hohen Anforderungen muss man im Normalfall mehrere Monate auf einen Welpen warten. Die Zuchthunde leben in Privathaushalten als Jagd- und Familienhunde. Beim Toller ist es ausgesprochen wichtig, dass die Welpen schon beim Züchter eine gute Sozialisierung und Familienanbindung bekommen. Eine sorgfältige Welpenaufzucht und Prägung ist Grundlage für einen zuverlässigen Begleiter. Ein verantwortungsvoller Züchter wird Sie auch bei der Erziehung Ihres Welpen stets begleiten. Nutzen Sie die Wartezeit, um den richtigen Züchter zu finden, der Ihnen auch während dieser Zeit schon mit wichtigen Informationen und Ratschlägen helfen kann. Informieren Sie sich über die Zuchtvorausplanungen bei der Welpenvermittlung der Geschäftsstelle des DRC.

 

Wortweiser: Tolling

Das spielerische, mit überschießenden Bewegungen verbundene Apportieren eines Balles oder Stöckchens, wodurch das Wasserwild aus großer Distanz in Schussentfernung gelockt wird. Der Ball bzw. das Stöckchen wird vom Führer aus einem Versteck immer wieder ohne Kommando unterschiedlich weit geworfen. Der Hund soll mit steil aufgestellter, wedelnder Rute im Bogen zurückkommen. Er darf dabei nicht ins Wasser springen und muss die sich nähernden Gänse oder Enten ignorieren. Dieses Anlocken kann gut ½ Stunde andauern. Auf einen Fingerzeig muss der Hund sich absolut standruhig verhalten. Wurden die Enten oder Gänse anschließend erlegt, muss er sie aus dem Wasser oder Schilf wie auch an Land zuverlässig apportieren.

 

Ein Rasseportrait von Doris Hoffmann (Rassebetreuerin im Deutschen Retriever Club)